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Landgericht Kiel in Erwartung des ersten von zwei neuen Rocker-Prozessen

 

Dieser Artikel wurde von kiel211.de geschrieben und ist dort entsprechend veröffentlicht. Der Abdruck erfolgt hier mit entsprechender Genehmigung.

 

Ab dem 1. Oktober 2010 erwartet das Landgericht Kiel den ersten von zwei anstehenden neuen ”Rocker-Prozessen” gegen Mitglieder von “Hells Angels” und “Bandidos” wegen Gewalttaten, die u.a. im Januar und März 2010 gegen Personen auch aus dem Umfeld der jeweils rivalisierenden Gruppierung begangen worden seien sollen.

Im ersten bevorstehenden Verfahren sind ab Freitag drei mutmaßliche Mitglieder der “Hells Angels” u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung im Zusammenhang mit Messerstichen und Fußtritten gegen zwei junge Männer vor einem Kieler Fitnessclub am Abend des 15. März 2010 angeklagt. Mindestens zwei Angeklagten werden weitere Körperverletzungsdelikte vorgeworfen, die aber nicht rocker-bezogen sein sollen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 46-jährige Angeklagte R. während des Trainings in einem Fitnessstudio in der Kieler Feldstraße bemerkt hatte, dass auf dem Display des Handys des Geschädigten G. das Symbol des MC Bandidos Neumünster angezeigt wurde. Daraufhin habe R. den 37-jährigen Angeklagten K. und den 41-jährigen Angeklagten J. hiervon telefonisch unterrichtet und schließlich gemeinsam mit diesen vor der Tür auf den G. gewartet. Als der Geschädigte G. zusammen mit dem ebenfalls Geschädigten M. das Fitnessstudio verlassen habe, sollen die drei Angeklagten ihnen zunächst gefolgt sein. Auf dem Gehweg habe der Angeklagte J. die beiden aufgefordert, stehen zu bleiben und verlangt, ihm das Handy des G. zu zeigen. Der verängstigte Geschädigte G. habe dem Begehren Folge geleistet.
Nachdem die Angeklagten das Handy betrachteten, habe der Angeklagte K. ein Pfefferspray gezogen und dieses in die Gesichter der Geschädigten G. und M gesprüht. Anschließend, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf die Angeklagten K. und J. mehrfach gegen den Kopf des wehrlosen Geschädigten G. getreten und diesem mit einem Messer in die Flanke gestochen haben sollen. Dieser erlitt schwere Verletzungen. Dem Geschädigten M. sei in die Kniekehle und in das Kreuz getreten worden. Als auch dieser zu Boden gegangen war, sollen die Angeklagten dem Zeugen ebenfalls eine Stichverletzung zugefügt haben.

Zunächst war spekuliert worden, dass der Angriff eine Reaktion auf einen neuen Unterstützerclub der „Bandidos“ in Kiel, den sog. “Contras” sein könne. Die ermittelnde Sonderkommisssion “Rocker” beim Landeskriminalamt bestätigte dies ebensowenig, wie die Behauptung der “Bandidos”, es habe sich bei den beiden jungen Opfern nur um unbeteiligte Söhne von “Bandidos”-Mitgliedern gehandelt. Die “Contras” wurden im Zuge des deutschlandweiten “Rocker-Friedens” aus Kiel abgezogen. Die Landeshauptstadt wird von den “Hells Angels” als alleiniges Territorium beansprucht.

Die Ermittlungen hatten die Behörden schließlich auf die Spur der drei Angeklagten gebracht. Einen Monat nach der Tat wurden mit Hilfe von Spezialeinsatzkräften Haftbefehle gegen die Angeklagten K. und J. vollstreckt und mehrere Stichwerkzeuge beschlagnahmt.
Für den Prozess sind zunächst 14.Verhandlungstage bis in den Dezember hinein terminiert. Wie schon anläßlich früherer Verfahren unter Beteiligung von Mitgliedern der beiden Motorradclubs gilt für das Landgericht Kiel an den Verhandlungsterminen Ausnahmezustand. Unter massivem Aufgebot von Polizei und einer Mobilen Einsatzgruppe der Justiz wird das Gericht gesichert und der Zugang durch Einlasskontrollen überwacht. Auch im Gerichtssaal werden die Beamten anwesend sein.

Im folgenden zweiten Rocker-Prozess soll dann die Anklage gegen Mitglieder des “Bandidos MC Neumünster” und des Unterstützerumfelds wegen eines “überfallartigen” Messerangriffs auf zwei Mitglieder der “Hells Angels”-Supporter “Red Devils MC Alveslohe” in einer “Subway”-Filiale am Großflecken in Neumünster verhandelt werden. Am 14. Januar 2010 war es dabei zu einem gewaltsamen Raub der “Kutten” der beiden Opfer gekommen, bei dem diese schwer bis lebensgefährlich verletzt worden waren. Unter den Angeklagten ist auch der ehemalige NPD-Funktionär Peter B., der nach Streitigkeiten mit den “Hells Angels” Schutz und Aufnahme bei den Bandidos gefunden und sich schnell hochgearbeitet haben soll. Er war im vergangenen Jahr vom Landgericht Kiel in dubio pro reo wegen der Messerstiche auf zwei “Hells Angels” Mitglieder freigesprochen worden, weil nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, dass er im Zuge einer Massenschlägerei zwischen Rechten und “Hells Angels” vor dem Amtsgericht Kiel im Jahr 2008 in Nothilfe gehandelt haben könnte.

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