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Säuberungsaktion in “Subway”-Filiale behinderte Spurensicherung

 

Dieser Artikel wurde von kiel211.de geschrieben und ist dort entsprechend veröffentlicht. Der Abdruck erfolgt hier mit entsprechender Genehmigung.

 

Mit der Aussage einer Augenzeugin der mutmaßlichen Flucht mehrerer dunkelgekleideter Männer, unter denen sie einen der Angeklagten zu erkennen glaubte, ist am Dienstag, den 2. November 2010 der Prozess um die Messerattacken auf zwei von drei anwesenden Mitgliedern des “Red Devils MC North End” aus Alveslohe und dem anschließenden mutmaßlichen “Kuttenraub” im Schnellrestaurant „Subway“ am Großflecken der Stadt Neumünster vor dem Landgericht Kiel fortgesetzt worden. Drei Mitglieder des mittlerweile verbotenen “Bandidos MC Probationary Chapters Neumünster” und der Präsident des Unterstützerclubs “Contras Neumünster” sind wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und schweren Raubes angeklagt. Sie sollen an dem Überfall mit weiteren, gesondert verfolgten Personen täterschaftlich beteiligt gewesen sein.

[Eine Übersicht aller bisher dokumentierten Verhandlungstage unter http://Kiel211.de/Bandidos ]

Besetzungsrüge wird zurückgewiesen, Verfahrensfragen geklärt

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages vor der 10. Großen Strafkammer hatte die Vorsitzende Richterin Hege Ingwersen-Stück zunächst den ablehnenden Kammerbeschluß zu der von Rechtsanwalt Phillipp Marquort erhobenen Besetzungsrüge verlesen. Der von dem Verteidiger des Angeklagten Ralf D. erhobene Einwand gegen die Besetzung der Kammer mit der Vorsitzenden werde als unbegründet zurückgewiesen, da das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art.101 Abs.1 S.2 GG nicht verletzt worden sei: “Das Gericht ist rechtmäßig besetzt!”, stellte Ingwersen-Stück fest. Das Präsidium des Landgerichtes sei nicht verpflichtet gewesen, die Kammer einem anderen Vorsitzenden Richter zu übertragen. Die Verhinderung eines Kammervorsitzenden nach §§21e, 21f GVG liege vor, wenn dieser für eine vorübergehende Zeit nicht zur Verfügung steht. Darunter sei nach Rechtsprechung des BGH sowohl die tatsächliche wie rechtliche Verhinderung zu verstehen. Die höchste strafgerichtliche Instanz habe eine Vakanz im Vorsitz durch die Abordnung an ein anderes Gericht als vorübergehende Verhinderung anerkannt, soweit die Ausfälle im Vorsitz unvermeidlich sind. Eine analoge Anwendung der Vertretungsregelung sei zulässig und gestatte die Besetzung während einer Übergangszeit gegenüber einer Wiederbesetzung, weil es dem Präsidium eine schnellere Handlungsmöglichkeit an die Hand gebe. Diese Übergangszeit könne bis zu sechs Monate anhalten. Die so entstandene vorübergehende Verhinderung des bisherigen Kammervorsitzenden Oliver William durfte daher durch das Präsidium des Landgerichtes Kiel behoben werden, weil eine andere Geschäftsverteilung anderweitig nicht möglich gewesen sei.

Rechtsanwalt Phillip Marquort kündigte zu dem Beschluß eine Gegenvorstellung an, der Strafverteidiger des Angeklagten Nils H., Dr.Volker Berthold fragte nach, ob in der Zwischenzeit der Richterwahlausschuß zu einer Entscheidung gekommen sei. Die Kammervorsitzende entgegnete, dass der Ausschuß am Freitag getagt und auch sie selbst zur Vorsitzenden Richterin bestellt habe. Der Verteidiger schloß mit einer weiteren Bitte um Informationen an, gegen welche der geladenen Zeugen noch Ermittlungsverfahren anhängig seien. Er forderte, die entsprechenden Ermittlungsakten beizuziehen und ihm danach Akteneinsicht zu gewähren. Die Kammer solle diesbezüglich auf eine schnelle Beibringung durch die Staatsanwaltschaft hinwirken. Der angesprochene Oberstaatsanwalt Alexander Ostrowski erklärte, dass das Verfahren gegen die Zeugin J. eingestellt sei, gegen die Zeugin A. sei Anklage vor dem Amtsgericht Neumünster erhoben worden.

Zeugin berichtet über mutmaßliche Flucht verdächtiger Personengruppe

Als erste Zeugin wurde schließlich die 28-jährige C in den Saal gerufen. Sie war zur Tatzeit mit dem Geschäftsführer der über der Subway-Filiale befindlichen Bar nach eigenen Worten in einem “ziemlich innigen Verhältnis” verbunden und auf dem Weg dorthin, als ihr auf dem Gehweg des Großflecken eine Gruppe Männer aus Richtung des Fastfood-Restaurants entgegenkam. Die Vorsitzende Richterin erklärte nach Abfrage des Namens und des Alters der Zeugin, dass diese im Vorwege darum gebeten habe, ihren Beruf und ihren Wohnort gemäß §§68 Abs.2, Abs.3 StPO und in Abkehr von §68 Abs.1 StPO nicht mitteilen zu müssen: “Das ist mir von einem LKA-Betreuer mitgeteilt worden!”
Hellhörig geworden hakte Rechtsanwalt Dr. Berthold nach: “Wie habe ich das zu verstehen?” Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erklärte dazu, es handele sich um eine “Schutzmaßnahme”, die Zeugin sei durch das LKA zum Gericht gebracht worden und werde nach ihrer Aussage auch wieder nach Hause gefahren. “Es hat keine Absprache gegeben”, fügte er gegenüber dem argwöhnischen Verteidiger schnell hinzu. Die Zeugin sei umgezogen, nachdem der Angeklagte Peter B. nur kurze Zeit nach der Tat und vor seiner Festnahme eines Abends vor ihrem Haus aufgetaucht sei. Die Angesprochene bestätigte, dass sie auch weiter befürchte, dass “wieder jemand vor meiner Haustür steht!”

Die Kammervorsitzende gestattete ihr schließlich per Anordnung auf die Angaben zu Beruf und Wohnort zu verzichten. Verteidiger Phillip Marquort widersprach der Anordnung und beantragte einen Gerichtsbeschluss. Der Anklagevertreter bescheinigte der Anordnung demgegenüber, sie sei rechtmäßig und sachgerecht und beantragte den Widerspruch zurückzuweisen. Mit Kammerbeschluß bestätigte das Gericht die Anordnung seiner Vorsitzenden. Die Voraussetzungen der §§68 Abs.2, Abs.3 StPO lägen vor, da zu besorgen sei, dass auf das Aussageverhalten der Zeugin eingewirkt und sie gezielt ausgekundschaftet werden soll.

(2) Einem Zeugen soll zudem gestattet werden, statt des Wohnortes seinen Geschäfts- oder Dienstort oder eine andere ladungsfähige Anschrift anzugeben, wenn ein begründeter Anlass zu der Besorgnis besteht, dass durch die Angabe des Wohnortes Rechtsgüter des Zeugen oder einer anderen Person gefährdet werden oder dass auf Zeugen oder eine andere Person in unlauterer Weise eingewirkt werden wird. In der Hauptverhandlung soll der Vorsitzende dem Zeugen bei Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 gestatten, seinen Wohnort nicht anzugeben.

(3) Besteht ein begründeter Anlass zu der Besorgnis, dass durch die Offenbarung der Identität oder des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen Leben, Leib oder Freiheit des Zeugen oder einer anderen Person gefährdet wird, so kann ihm gestattet werden, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen. Er hat jedoch in der Hauptverhandlung auf Befragen anzugeben, in welcher Eigenschaft ihm die Tatsachen, die er bekundet, bekannt geworden sind.

Der Verteidiger Dr. Berthold fragte die Zeugin schließlich, ob im gut gefüllten Zuschauerraum Personen sitzen würden, mit der sie über die Tat und ihre Aussage gesprochen habe. Die Befragte bestätigte das und verwies auf eine junge Frau, die im Anschluß durch die Kammervorsitzende mit dem Hinweis, dass sie möglicherweise als Zeugin in Betracht komme, des Saales verwiesen wurde.

Schließlich konnte die Zeugin ihre umfangreiche Aussage beginnen. Sie habe sich am Tattag um 19.30 Uhr Richtung Innenstadt aufgemacht, um zur Bar zu fahren, dass sich oberhalb des Subway befinde. “Ich parke eigentlich immer ganz genau davor, aber diesmal konnte ich das nicht, weil auf dem Vorplatz ein Mammographie-LKW stand.” Sie sei dann weitergefahren und habe auf dem Seitenstreifen zwischen “Subway” und der “Alten Postpassage” einige Meter weiter geparkt. Auf dem Weg zurück zum “Subway” seien ihr sechs schwarz gekleidete Männer mit schwarzen Mützen entgegengekommen, bei denen sie zwei Schlagstöcke in den Händen erkannt habe. Diese seien an ihr vorbei in Richtung Rathaus “geflohen”. Weil sie die Situation als bedrohlich empfand, sei sie still stehen geblieben und habe auf den Boden geschaut, in der Hoffnung, dass sie von der Gruppe nicht weiter beachtet werde. Als die Männer sie passierten, habe sie sich in Richtung Subway bewegt, ihr Handy aus der Tasche gezogen und ihren Freund angerufen. Sie sei dabei in Tränen ausgebrochen und habe ihn gebeten, ihr entgegen zu kommen.

Am “Subway” habe sich ihr ein schlimmes Bild geboten: “Einer lag in einer riesiger Blutlache am Boden, einer hielt sich den Arm, eine Mitarbeiterin hat den am Boden liegenden versorgt, es strömte nur noch Blut, ich wußte gar nicht wo das herkommt!” Vor dem Eingang sei sie auf die Angestellte J getroffen, die ebenfalls gerade eintraf. Sie habe nach ihrer arbeitenden Kollegin ”Wo ist B.? Wo ist B.?” gerufen und erklärt, dass sie von dieser eine SMS erhalten habe, in der stand “Es wird gleich was schlimmes passieren, ich habe Angst!” Die Zeugin C erklärte, von ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Geschäftsführer der Bar, schließlich durch die Hintertür in den Personalraum der Bar gebracht worden zu sein. Zuvor habe dieser der J Hausverbot für die “Subway”-Filiale erteilt.

Unter Tränen schilderte die 28-jährige Zeugin sodann, im Personalraum der Bar auf die “Subway”-Angestellten B. und A. getroffen zu sein. Vollkommen aufgelöst sei sie damals gewesen: ”Ich habs einfach so gesagt: “Die Bandidos waren das und ich glaube, Peter B. war dabei!” ” Hinterher, so fügte die C hinzu, habe sie sich Vorwürfe gemacht, dass sie das den beiden gegenüber erwähnt habe, da sie wußte, dass die B. für ein Bandidos-Mitglied schwärmte. Die Zeugin erklärte, sie habe den Personalraum daraufhin verlassen und sei die Treppe hinunter ins “Subway” gegangen. “Die Polizei gab den Raum frei, ich bin zurück nach oben gegangen und holte einen Eimer Wasser zum Saubermachen.” Sie habe schließlich so lange mit ihrer Aussage gegenüber den LKA-Beamten gewartet, bis B und die anderen weg gewesen seien. “B kam mir komisch vor!”
Auf Nachfrage der Vorsitzenden, ob es tatsächlich sechs Männer oder vielleicht mehr gewesen seien, erwiderte die Zeugin: “Das war mein Empfinden, eine auffällig kleine Person war dabei. Es können auch fünf oder sieben gewesen sein! Es waren aber keine acht!” Befragt, ob sie noch mehr als zwei Schlagstöcke bei den Personen gesehen habe, beschrieb die junge Frau, “irgendetwas Blitzendes” gesehen zu haben. Ob es sich dabei um einen Schlagring, ein Messer oder nur eine Uhr gehandelt habe, wußte sie aber nicht zu sagen. “Ich habe dann die Schlagstöcke gesehen und das als bedrohlich empfunden!” Die Personen seien auch nicht maskiert gewesen: “Mützen hatten alle auf, maskiert waren sie nicht! Keiner!”

Auf die Frage, warum sie ihren Lebensgefährten angerufen habe und in Tränen ausgebrochen sei, beschrieb die Zeugin ihre Lage als “super-bedrohliche Situation”: “Ich konnte nicht nach rechts oder links, bin stehengeblieben und habe nach unten geschaut. Es war nicht so, dass ich mich direkt bedroht fühlte, aber glaube schon, dass sie mich wahrgenommen haben, aber habe sie nicht gestört!”
“Haben Sie gehört, was die Personen gesagt haben?”, wollte die Kammervorsitzende wissen. Die Zeugin C erinnerte sich nur daran, “Wortfetzen” vernommen zu haben, konkrete Inhalte konnte sie aber nicht nennen.

Bei Inaugenscheinnahme einer Skizze des Großfleckens beschrieb die 28-jährige, sie habe die Personengruppe auf Höhe der Alten Postpassage zuletzt gesehen. Wo diese verblieben waren, wußte sie nicht und erklärte, nicht sicher zu sein, ob sie Autotüren gehört habe. Die Männer seien “nicht geflüchtet”, hätten sich während des “lockeren Trabens” “unterhalten und gelacht”, als sei es eine “spaßige Runde” gewesen. In die Gesichter der Männer habe sie aber nicht geschaut. “Ich habe Angst bekommen und Herzrasen!” schilderte die Zeugin und begann unter dem Eindruck erneut zu weinen.

Darauf angesprochen, ob sie an dem Abend irgendwelche Kutten gesehen habe, erklärte die C: “Der im Subway auf dem Boden liegende hatte eine Kutte an!” Auf Nachfrage, ob ein oder mehrere Personen aus der ihr entgegenkommenden Gruppe eine oder mehrere Kutten in der Hand gehabt habe, entgegnete die Zeugin, das könne sie nicht sagen, sie habe nur auf die Schlagstöcke geachtet.

Besonderes Gewicht maß die Vorsitzende schließlich ihrer folgenden Frage bei: “Das Erkennen von Bandidos und Peter B., entsprach das ihrer Wahrnehmung? Die Zeugin antwortete mit einem “Ja!” und schilderte, worauf dieses beruhte. Wochen zuvor habe ihr damaliger Lebensgefährte Besuch gehabt, mit dem man am Abend habe ausgehen wollen. Auch die Subway-Angestellte B habe unbedingt mitgehen wollen, bestand aber darauf in die Diskothek “Sky” zu gehen, “weil ihr Verliebter da sei”. Es habe viele Diskussionen gegeben, bis die Gruppe sich entschied, dorthin zu fahren. “Da war das erste Mal, dass ich auf die Angeklagten getroffen bin!” Die Subway-Angestellte J, die auch dort anwesend gewesen sei, habe “die Strukturen erklärt, dass die Männer den Bandidos angehören, das ist der und das ist der.” Die B. habe mit dem Angeklagten Thomas K. zusammen gestanden, der ihr als “Tommekk” vorgestellt worden sei. Von diesem habe die B. “übertrieben, dramatisiert” geschwärmt: ” Könnte mir vorstellen, mich von ihm entjungfern zu lassen!” Es sei ein “Riesen-Tam-Tam” um die Männer um Peter B. gemacht worden, man dürfe sie auf keinen Fall direkt ansprechen, diese seien “ganz gefährlich”. “Ich hatte das Gefühl, das das die Gruppe war!” zog die Zeugin schließlich die Verbindung zur ihrer Begegnung am Abend des 13. Januar 2010, schränkte aber zugleich ein, dass sie diese “nicht wiedererkannt, sondern nur das Gefühl gehabt” habe, “dass das die Gruppenkonstellation war”.

Erneut auf die spontane Nennung des Namens Peter B. gegenüber der Zeugin B am Abend kurz nach den angeklagten Taten angesprochen und befragt, ob sie ihn tatsächlich auf dem Großflecken gesehen habe, erwiderte die C: “Es sprudelte so aus mir heraus, ich weiß nicht, ob ich ihn erkannt und das deshalb gesagt habe!” Die vorsitzende Richterin hielt der Zeugin daraufhin einen Teil ihrer polizeilichen Vernehmung vor, in der sie von sechs Personen gesprochen hatte, die sie folgendermaßen differenzierte: “Die Personen 1 bis 5 sind mir vom Sehen nicht bekannt! Person 6 habe ich möglicherweise schon gesehen, zusammen mit einer anderen Person, die ich als “Tommekk” kenne.” Die Befragte erklärte dazu nur: “War mein Gefühl, dass es so war!” Erneut hakte die Vorsitzende nach, um eine konkrete Antwort zu erhalten: “Haben sie das Gesicht von Peter B. am Abend beim “Subway” wahrgenommen?” Die Zeugin wich nicht von ihrer Haltung ab: “Ich hatte das Gefühl, dass ich ihn wiedererkannt habe!”

Auf weiteren Vorhalt ihrer Aussage bei ihrer polizeilichen Vernehmung, sie habe “aus den Augenwinkeln gesehen, dass Personen in ein Auto eingestiegen sind, das hinter meinem Auto stand”, berief sich die Zeugin zunächst auf eine fehlende Erinnerung. Ihre damaligen Angaben, dass zwei Personen auf der Höhe zwischen Postpassage und Postkeller gewesen seien, bestätigte sie schließlich, sie habe das Gefühl gehabt, “dass nicht alle eingestiegen sind”. Auch der Vorhalt aus dem Protokoll einer zweiten polizeilichen Vernehmung, sie habe zwei knallende Türen und Motorgeräusche gehört, wurde bejaht. Sie könne sich an Autotürgeräusche ebenso erinnern, wie daran, dass “die nicht an mir vorbei gefahren sind”.
Gegenüber dem beisitzenden Richter erklärte die Zeugin C ein “ziemlich inniges Verhältnis” zum Geschäftsführer der Bar gehabt zu haben. Die “Subway”-Angestellte B habe sie gekannt. weil diese zu der Zeit ihre Nachbarin gewesen sei, ohne dass man aber Kontakt zueinander gehabt habe. Deren Kollegin J habe sie nicht weiter gekannt, diese sei aber mit B befreundet gewesen. Die dritte im Bunde sei die Zeugin A gewesen: Alle drei hätten “zusammengegluckt”.

Auf Nachfrage zum Zusammentreffen mit den “Bandidos” im “Sky”, erwiderte die Zeugin, diese seien in der Gruppenkonstellation auffällig gewesen, da ”ungewöhnlich fürs Sky zwischen all den 16 bis 20-jährigen und alle mit Glatze”.

Warum sie den S nach dem Zusammentreffen mit der Personengruppe angerufen habe, obwohl das “Subway” nicht weit entfernt gewesen sei, wußte die Zeugin nicht zu beantworten. Der Beisitzer hakte nach, ob es zuvor bereits ähnliche Vorfälle am “Subway” gegeben habe. Die Zeugin bestätigte das: “Ja, S war es immer ein Dorn im Auge, dass die Maschinen vor dem Haus standen, die Rocker im “Subway” ihren Kaffee tranken! Er hatte sich bei der Stadt an jemanden gewandt deswegen!”
Der Anklagevertreter, Oberstaatsanwalt Alexander Ostrowski, fragte nach, wie die Zeugin wahrgenommen habe, wer verletzt gewesen sei. Die Befragte entgegnete, es habe sich um einen am Boden liegenden Mann und einen weiteren gehandelt, der sich den Arm gehalten habe, “doll blutete und ein weißes T-Shirt aber keine Kutte angehabt” habe.

“Waren Sie früher enger liiert mit S?”, wollte der Staatsanwalt von der Zeugin wissen. Sie bejahte. “War der Vorfall Anlass, dass es nicht mehr so eng ist?, fragte der Ankläger nach. Die Zeugin bestätigte auch das: ”Ja, ich habe mich zurückgezogen. Eine von den dreien arbeitet da immer noch.” Auch das Klientel sei ein Grund dafür.

Zu ihren Beobachtungen im “Sky” befragt, ob das Bemühen von der B. um den Angeklagten Thomas K. erfolgreich gewesen sei, antwortete die Zeugin mit einem ”Nein!” Es sei vielmehr ein “ganz normales Gespräch” gewesen. “Aber er hat sie auch nicht abblitzen lassen!” Peter B. habe das ganze beobachtet.
Der Verteidiger des Angeklagten Peter B., Christian Bangert nahm erneut auf die vorgehaltene polizeiliche Vernehmung Bezug, als er die Zeugin fragte, ob die von ihr als sein Mandant zugeordnete Person Nr. 6 bewaffnet gewesen sei. Diese erwiderte, sich nicht mehr daran erinnern zu können. Bangert hielt ihr die entsprechende Passage erneut vor, nach der “Person Nr.6 leicht hinter der Restgruppe” gewesen und “nicht bewaffnet” gewesen sei. Die Zeugin entgegnete: “Ich habe nicht gesehen, wenn er bewaffnet war!”
Mario Taebel, Rechtsanwalt des Angeklagten Thomas K. fragte die Zeugin zunächst, ob sie sagen könne, wer der “Tommek” benannte Mann gewesen sei. Die C. identifizierte daraufhin den Mandanten des Verteidigers. Auf weitere Nachfragen erklärte sie, nichts besonderes an dessen Verhalten oder Körperhaltung festgestellt zu haben, B und er hätten sich lediglich die Hand gegeben und nicht umarmt. Ein Unfall sei zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt worden, erst später sei die Verletzung des Angeklagten und dessen Ursache Thema gewesen.
Verteidiger Phillipp Marquort, der den Angeklagten Ralf D. vertritt, richtete sein Augenmerk zunächst zurück auf die der Zeugin entgegenkommende Personengruppe. Die Zeugin verneinte, dass die Personen der Gruppe irgendwelche Stoffbündel unter dem Arm gehabt hätten. Andere mögliche Täter habe sie sich nicht in eine andere Richtung entfernen sehen, auch seien ihr keine anderen Menschen aufgefallen, die den “Hells Angels” oder “Red Devils” zugerechnet werden könnten. Verkehr habe es nicht mehr gegeben, die Stadt sei ab 18.00 Uhr wie leergefegt, nur deshalb könne man vor dem ”Subway” parken.

Auf die Frage Marquorts, ob Schnee gelegen habe, antwortete die Zeugin, dass dies der Fall gewesen sei: “Wir mußten den Schnee schmelzen vor dem “Subway”, damit das Wasser mit dem Blut aus dem Laden rauslaufen konnte!” C schilderte, dass sie mitgeholfen habe, den Laden sauber zu machen. Dies habe kurze Zeit später für Ärger gesorgt: “Zivilbeamte fragten den Geschäftsführer S, wie es angehen kann, das da saubergemacht werden darf!”

“Haben sie neben den beiden Verletzten vielleicht noch eine dritte Person gesehen im “Subway” ?”, wollte der Anwalt zum Abschluß von der Zeugin wissen. Sie verneinte, sie habe keine dritte Person gesehen. Der Anwalt hielt ihr daraufhin eine Aussage des S aus dessen polizeilicher Vernehmung vor, in der dieser eine männliche Person ohne Kutte auf der Treppenstufe sitzend, eine Person am Boden liegend, und eine weitere Person, die links davon stand und eine Kutte angehabt habe beschrieb. ”Haben sie sowas wahrgenommen?” “Nein”, antwortete die C bestimmt. “Ich stand nur vor der Tür, habe das “Subway” nicht betreten, ich kann mich nicht an eine dritte Person erinnern!”
Auch der Verteidiger des Angeklagten Nils H., Dr. Volker Berthold hatte einige Nachfragen an die Zeugin und bat diese zunächst um eine Selbsteinschätzung: “Würden sie sich selbst als ängstliche, vorsichtige Person beschreiben?” Die C verneinte. “Es war halb acht und sie haben sich dennoch Gedanken gemacht, wo sie ihr Auto abstellen!”, hakte der Anwalt nach. Die junge Frau erklärte, sie mache sich immer eher Sorgen um den Rückweg und den Zeitpunkt zu dem sie von dort wieder wegfahren wolle. Mit Blick auf ihren Gefühlsausbruch am Telefon gegenüber dem S wollte Dr. Berthold wissen: “Machen sie sich möglichweise mehr Gedanken als andere?” Auch dies verneinte die Zeugin. Sie habe erst angefangen zu weinen, als sie S anrief, “Wieso kann ich nicht sagen!” Auf die Nachfrage, wieso sie angerufen habe, obwohl sie nur wenige Meter vom “Subway” weg gewesen sei, antwortete die Zeugin, es seien dort öfter Rocker gewesen: “Ich habe aber nicht geahnt, dass da irgendwas passiert ist!” S sei am Telefon aufgeregt und wütend gewesen, habe ihr gesagt, dass etwas vorgefallen sei und ihr gesagt, er hole sie ab.

Berthold schwenkte dann zur polizeilichen Vernehmung der Zeugin um, die noch in der Nacht stattgefunden hatte. Die Zeugin schilderte, diese habe auf dem Polizeirevier stattgefunden, aber der erste Kontakt sei noch in den Räumlichkeiten der Bar aufgenommen worden. Kriminalbeamte hätten sie dann mitgenommen. Sie habe sich diesen erst offenbart, als alle anderen weg gewesen seien. Man habe in der Küche der Bar mit mehreren Beamten zusammen gestanden. “Ich habe dann gleich geweint”, fügte die C hinzu.

Berthold: “Haben sie bei der Vernehmung irgendeinen Namen eines möglichen Täters genannt?”
Zeugin: “Nein!”
Berthold: “Haben sie mit den Beamten darüber gesprochen, dass sie jemanden erkannt haben?”
Zeugin: ”Weiß ich nicht!”
Berthold: “Haben sie einen Verdacht geäußert?”
Zeugin: “Ja, ich glaube da!”

Der Anwalt hielt ihr daraufhin einen Teil des Vernehmungsprotokolls vor: “Frage: Haben sie die Gesichter der fortlaufenden Personen wahrgenommen? Antwort: Nein, bei den Personen 1 bis 5 habe ich keine Wahrnehmungen gemacht!” – Die Zeugin zögerte, ehe sie antwortete: ”Mein Eindruck war, dass das die Gruppenkonstellation aus dem Sky war. Ich habe keinem direkt ins Gesicht geguckt, von Angesicht zu Angesicht!” Sie gab jedoch zu, im Nachhinein den Namen des Peter B. bei der Suchmaschine Google eingegeben zu haben, um zu schauen “Ist es wahr, dass der so gefährlich ist?” Die Suchanfrage habe “eine Menge” Ergebnisse erbracht.

Zeugin berichtet über unheimliche Begegnung mit Peter B. vor ihrem Haus

Schließlich befasste sich die Vernehmung der Zeugin C mit einem Geschehen vom 26. Februar 2010, anderthalb Monate nach dem “Subway”-Überfall, bei dem sie auf Peter B. getroffen sei, der vor ihrem Haus gestanden habe. Die Ermittlungen des Landeskriminalamts hatten noch keine dringend Tatverdächtigen ergeben, so dass noch keine Haftbefehle beantragt und sich der “Bandido” auf freiem Fuß befand.

Die Zeugin schilderte, sie sei um 20.00 Uhr mit Freunden verabredet gewesen, ein paar Minuten davor aus der Wohnungstür gegangen und habe aus einem Fenster geschaut. Ein Auto habe auf dem Parkplatz gestanden, dass mit angeschaltetem Licht dort parkte. “Ich bin die Treppe runter, aus der Haustür raus über den Rasen zum Parkplatz. In dem Moment habe ich gesehen, dass sich jemand bewegt. Als ich zu meinem Auto ging, ist die Person über die angrenzende Hecke gesprungen und Richtung Haustür gegangen. Er hat sich umgedreht und gerufen “Warten sie ich fahr mein Auto weg!” Er ist dann den Weg nach mir gegangen und hat sein Auto rückwärts weggefahren. Ich habe aufs Kennzeichen und ins Auto geguckt, der ist dann in meine Parklücke gefahren. Dann habe ich das LKA angerufen!”
Christian Bangert, der Verteidiger des Angeklagten Peter B. gab während der Inaugenscheinnahme einer Skizze und einem Lichtbild der Klingelanlage des Mehrfamilienhauses im Namen seines Mandanten eine “Teilerklärung” ab: In dem Haus wohne Andreas Z., der Vater von Daniel Z., einem sehr guten Bekannten seines Mandanten. Peter B. habe diesen an diesem Abend aufsuchen wollen. “Es ging meinem Mandanten nicht um die Bedrohung der Zeugin, er konnte zu dem Zeitpunkt auch keine Aktenkenntnis von ihr haben und zu ihrer Person! Sein Mandant habe lediglich nach dem Klingelschild geschaut, dass die Zeugin dort wohnte sei reiner Zufall gewesen. Die Zeugin erklärte dazu: “Ich habe in dem Moment nicht das Gefühl gehabt, dass es meiner Person galt, sondern meinem Auto! Ich hatte keine Angst, dass das gegen mich, eher dass es gegen mein Auto gerichtet war! Nachdem ich zunächst vom Parkplatz runter fuhr, bin ich noch einmal zu meinem Haus zurück gefahren, da stand das Auto nicht mehr da! Sie bestätigte damit auch ihre Aussage bei ihrer polizeilichen Vernehmung, bei der sie angegeben hatte, dass ihr das Auto bereits zuvor zweimal aufgebrochen worden sei.
Die Kammervorsitzende Ingwersen-Stück fragte nach, warum sie denn dann das LKA angerufen habe. Die Zeugin entgegnete: ”Ich hatte ganz klar das Gefühl, dass es mir oder meinem Auto galt! Schwarz gekleideter Mann, schwarze Mütze – da war ein Wiedererkennen! Mein allererste Gedanke war: “Das war Peter B.!” Ich schrieb mir das Kennzeichen auf und frag beim LKA nach, um zu gucken, ob ich überempfindlich bin!”

Der Zeugin wurde dazu ein Vorhalt aus ihrer polizeilichen Vernehmung gemacht, in der protokolliert worden war: “Ich erinnere mich, das war der Typ, den ich in der Nähe der Postpassage gesehen und mit Ziffer 6 beschrieben habe!” Die Zeugin bestätigte, das so ausgesagt zu haben, erinnerte sich aber nicht mehr genau: “Peter B. war vor meiner Wohnung! Dass er auch die Nr.6 war, war mein Gefühl, mein Eindruck! Ich habe ihn da nicht direkt erkannt, aber vor meiner Haustür definitiv erkannt!” Auf Nachfrage der Richterin, konkretisierte die Zeugin, sie habe Peter B. ”am Sitz der Mütze, der Jacke und der drahtigen Statur” wiedererkannt. ”Ich bin souveräner als beim “Subway”-Vorfall gewesen, habe mir die Person angeguckt, ins Auto geguckt, da lag ein Hund drin, braunscharz getigert, ein Stafford-Mix. Auch das Kennzeichen des Wagens konnte sie nennen. Es gehörte zu einem Fahrzeug, dass Peter B. regelmäßig nutzte.

Die Vorsitzende hielt der Zeugin eine weitere ihrer Aussagen gegenüber der Polizei vor: ”Es kam mir heute so vor, als wenn ich Person Nr.6 begegnet bin!” Die Zeugin bestätigte, auch diese Angaben gemacht zu haben: “Ich habe mir überlegt, sag ichs oder sag ichs nicht. Ich habe bereut, dass ich das oben im Personalraum überhaupt gesagt habe mit den “Bandidos” und Peter B.!”

Zu ihren zuvor geschilderten Internet-Recherchen befragt, erklärte die Zeugin, dass sie auch “StudiVZ-Gruppen gefunden habe, die Freiheit oder Freispruch für Peter B., Nils H. und Tommekk forderten – fast Hundert Leute hatten sich denen angeschlossen!”
Oberstaatsanwalt Alexander Ostrowski wollte schließlich von der Zeugin wissen, wie lange die Person am Türschild geguckt habe. “Nicht lange! Der Mann war nervös!”, bekam er als Antwort. Die Zeugin bestätigte, dass die Familie Z. seit Jahren im selben Haus wohne und schon dort lebte, als sie einzog. Der Familienvater habe ihr einmal erzählt, dass sein Sohn im Gefängnis sitze, einen Zusammenhang zu Rechten oder “Bandidos” habe sie aber nie gezogen.
Zwei kurze letzte Nachfragen stellte der Verteidiger Christian Bangert: “Haben sie sich erschrocken?” Die Zeugin bejahte, sie sei überrascht gewesen. ”Er hat mich angeguckt, ist dann über die Hecke gesprungen, als hätte man jemand beim Klauen erwischt!” Auf die anwaltliche Frage, ob es sein könne, dass Peter B. sich auch durch ihr Auftauchen erschrocken habe, vermochte die Zeugin diese Möglichkeit nicht auszuschließen. Der Mann habe sogar höflich geklungen, als er sagte, er fahre seinen Wagen weg.

Subway-Angestellte berufen sich auf Zeugnisverweigerungsrecht

Die drei ebenfalls als Zeuginnen geladenen “Subway”-Angestellten B (29), J (24) und A (23) machten – jeweils anwaltlich vertreten – von ihrem Recht Gebrauch, zu schweigen, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, sich selbst zu belasten. Die B wartet auf ihren Prozess wegen Beihilfe, das Verfahren gegen J wegen Strafvereitelung wurde zwischenzeitlich eingestellt.

 

Geschäftsführer der über dem Subway gelegenen Bar schildert Geschehen nach der Tat

Der 30-jährige Geschäftsführer der über der “Subway”-Filiale gelegenen Bar war selbst nicht Augenzeuge der Tat geworden und konnte daher nur das Nachtatgeschehen schildern. Er habe zu dem Zeitpunkt in der Küche des Bistro-Betriebes gearbeitet, als er einen Anruf seiner damaligen Freundin C erhalten habe, die weinte und kaum habe sprechen können: “Komme schnell zu mir!” habe sie gesagt und er habe zurückgefragt, wo sie sei. Gleichzeitig sei eine Servicekraft um die Ecke gekommen und habe nach dem Verbandskasten gefragt, weil im “Subway” etwas passiert sei. Er sei mit dieser hinunter gelaufen und habe zunächst einen großen, breiten Mann auf der Treppe sitzen sehen, der sich den Arm hielt. Ein weiterer Mann lehnte an einem Tisch links von der Eingangstür und habe “wie wild” die ganze Zeit telefoniert, einer lag am Boden voller Blut. Er habe C vor dem Laden in Empfang genommen, die weinte und vollkommen aufgelöst gewesen sei. Während die ersten Polizeiwagen eintrafen sei von rechts die “Subway”-Angestellte J. auf ihn zu gekommen. “Sie hat gesagt, B habe sie alarmiert, sie solle sofort kommen, hier wird wohl gleich was passieren. Ich habe ihr dann Hausverbot erteilt!” Die C habe er dann durch den hinteren Personaleingang in die Bar gebracht. Der Zeuge erklärte, er sei in der Zwischenzeit darüber informiert worden, dass zwei “Bandidos”-Mitglieder in der Raucher-Lounge der Bar sitzen würden, einer davon sei Maik K. gewesen. Er habe seine Angestellten schließlich angewiesen, die Gäste durch den Notausgang aus der Bar zu bringen. Nachdem die Krankenwagen mit den Verletzten weggefahren sei habe man schließlich begonnen, das Subway sauber zu machen. “Wir haben noch extra nachgefragt bei der Polizei, ob wir saubermachen dürfen!”
Auf Nachfrage der Kammervorsitzenden, ob er die drei Männer als “Red Devils”-Mitglieder erkannt habe, verneinte der Zeuge, es seien zunächst nur drei große Männer gewesen. Ein oder zwei Wochen vorher sei es zu einem Vorfall gekommen, bei dem etwa 15 “Red Devils”-Anhänger das Subway und die darüber liegende Bar betreten hätten. Als er den den offensichtlichen Anführer angesprochen habe, habe dieser erklärt, er suche jemanden. Als sie diesen aber nicht erkannten, hätten sie das Bistro wieder verlassen, nicht ohne aber einen “Red Devils”-Aufkleber auf einem Spiegel im Eingangsbereich der Lokalität im Obergeschoß zu hinterlassen, den man mit Mühe habe abkratzen können.

Auf Vorhalt aus seiner polizeilichen Vernehmung, bei der der Zeuge angegeben hatte, dass der auf der Treppenstufe sitzende Mann keine Kutte, der mitten im Raum am Boden liegende sowie der dritte Mann ihre Kutten noch angehabt hätten, erwiderte der Befragte, das wisse er nicht mehr genau: “Das war alles so schnell und so im Affekt!” C habe ihm ihm im Nachhinein berichtet, was sie gesehen habe, bestätigte S. Sie habe gesagt, dass sie Peter B. in der ihr entgegenkommenden Gruppe erkannt habe “wegen seiner komischen Wollmütze”, die sich zwei bis drei Wochen zuvor im “Sky” gesehen habe.

S berichtete, sich bereits im Vorfeld der Tat im Internet über die rivalisierenden Rockerbanden und einige der Akteure, wie Peter B. und Thomas K. informiert zu haben. Beide und “viele andere von denen” habe er oft im “Subway” gesehen und sie als “Gefährdung meiner Gäste” wahrgenommen: “Die Problematik hat sich zugespitzt!”
Auf Nachfrage des Oberstaatsanwaltes Alexander Ostrowski bestätigte der Zeuge, dass es nach der Tat einen weiteren Vorfall gegeben habe, bei dem Peter B. vor der Haustür seiner Freundin C gestanden habe. “Sie hatte ihn erkannt. Das hat sie mir erzählt. Auch, dass sie Angst hatte!” Der Ankläger hakte nach: ” War das auch der, den sie am 13. Januar gesehen hat?” “Nein, das hat sie nicht gesagt!”, entgegnete S. Er bestätigte jedoch, dass sich die C nach den beiden Vorfällen verändert hatte: “Sie hat den Kontakt zu mir und zu der Bar abgebrochen deswegen – von heute auf morgen!”

Der Zeuge erklärte auf weitere Frage, der “Subway”-Angestellten B sei nach dem Vorfall die Kündigung ausgesprochen worden. “Sie wurde entlassen, weil es für die Gäste nicht haltbar ist, sie in einen Bandido verliebt war.” Er sprach von “geschäftsschädigenden Vorfällen”, die dem Laden Umsatzverluste beschert hätten. “Ich würde meine Tochter auch nicht in meinen Laden schicken!”, gab er freimütig zu. J sei ebenfalls entlassen worden, habe aber erfolgreich auf Wiedereinstellung geklagt, arbeite jetzt aber nicht mehr im “Subway”. Nur die Angestellte A sei immer noch dort beschäftigt.

Ostrowski fragte den Zeugen, ob bei den Reinigungsarbeiten noch Kutten im Laden rumgelegen hätten. S antwortete: “Wir haben nichts gefunden! Die hätten wir abgegeben!” “Hatten Sie Angst vor den Rockern?”, wollte der Staatsanwalt wissen. Der Zeuge relativierte: “Angst nicht, aber Respekt!” Man habe die Sicherheitsmaßnahmen erhöht, Überwachungskameras installiert, die den Laden 24 Stunden überwachen sollten. “Nur damals lief das System nicht, weil wir den Telefonanbieter gewechselt und keine Internetleitung hatten.”, räumte S ein.
Verteidiger Mario Taebel fragte den Zeugen zunächst nach der Erteilung des Hausverbotes an die Zeugin J. S erklärte dazu, die Maßnahme habe er getroffen um “Ruhe zu schaffen”, da er angenommen hatte, die junge Frau würde am Ort eher mehr Hektik verbreiten. Schließlich habe man weitere Gäste erwartet, die auch kamen und man wegschicken mußte. Der Geschäftsführer beschrieb die unangenehme Lage, in der er sich befand: Es sei im Eingangsbereich des Subway, den auch die Gäste der Bar benutzen mussten, alles voller Blut gewesen. “Es waren überall Leute, ich wollte schnellstmöglich das Blut wegwischen! 15 Eimer Wasser haben wir draufgekippt. Die erst anschließend eintreffende Spurensicherung hat sich deswegen aufgeregt. Aber alles war vor dem Subway zugeschneit und ziemlich glatt. Der Schnee im Außenbereich war ganz rot von dem Blut gewesen, das wir nach draußen abgezogen hatten.”
Rechtsanwalt Phillip Marquort wollte vom Zeugen wissen, ob die “Bandidos” das “Subway” als Stammlokal auserkoren hatten. Der Zeuge antwortete nicht direkt. Die Mitglieder der “Bandidos” hätten sich oft einen für 1 Euro angebotenen Kaffee geholt, allerdings auch oft genug nur vor dem Laden auf ihren Maschinen gesessen. Als Kunden seien es “ganz normale Gäste” gewesen, die in der Regel freundlich gewesen seien. Marquort wertete das als Bestätigung: “Ein Red Devils aus Neumünster geht mit zwei aus Alveslohe kommenden also ins Stammlokal der “Bandidos”. War das möglicherweise eine Provokation?” Der Zeuge wußte darauf nicht zu antworten. Der Anwalt hakte ein: “Der Auftritt der “Red Devils” Tage zuvor, wie wirkte das auf Sie?” S erwiderte: “Ich war genervt! Während sie die Bar wieder verliessen, entdeckte ich den Aufkleber oben am Spiegel und habe noch hinterhergerufen “Hallo?”. Wir haben den Aufkleber dann entfernt, auch den, der auf die “Subway”-Eingangstür geklebt worden war!”
Einen Zusammenhang zu den “Bandidos” habe er aber erst im Nachhinein hergestellt, entgegnete der 30-jährige Geschäftsführer auf die Zwischenfrage des Verteidigers Christian Bangert, ob er froh gewesen sei, das in dem Moment keine “Bandidos” anwesend gewesen seien. Die “Red Devils” seien zuvor nie im Laden gewesen.

Wiederholt von Marquort zur Situation unmittelbar nach der Tat befragt, blieb der Zeuge in seiner Aussage konsequent oberflächlich. An mehr, als dass er einen auf der Treppe sitzenden Mann gesehen habe, der sich den Arm hielt, vermochte er sich nicht zu erinnern. Der Verteidiger reagierte verständnislos: “Sie können mir erzählen, was sie wollen, da muss mehr sein als ein Mann mit nem Arm!” Er versuchte schließlich, den Zeugin dazu zu veranlassen, seine Wahrnehmungen Schritt für Schritt nachzuvollziehen. Dieser erklärte, aus der Küche der Bar getreten zu sein und schon auf den ersten Absätzen der Treppe, den am unteren Treppenabsatz sitzenden verletzten Mann gesehen zu haben. “Ich glaube, er hatte einen gelben Pullover an!” Drei weitere Stufen nach unten gehend, habe er schließlich die am Boden liegende Person gesehen, an dessen Seite bereits Blut lag. Eine weitere Person habe er nicht gesehen. Der Verteidiger beantragte daraufhin die Verlesung des Protokolls der polizeilichen Vernehmung des Zeugen zur Stützung seines Gedächtnisses. Darin hatte der Geschäftsführer noch weit genauere Angaben zu seinen Wahrnehmungen gemacht und angegeben, “eine männliche Person ohne Kutte auf der untersten Stufe der Treppe”, mitten im Raum eine am Boden liegende Person und einen dritten Mann gesehen zu haben, der ebenfalls keine Kutte trug. Die in der Bar beschäftigte Servicekraft G habe dem telefonierenden Mann gesagt, er solle aufhören zu telefonieren und helfen, die Blutung des schwerverletzten Mannes zu stoppen. Die Subway-Angestellte B habe den am Arm verletzten Mann verbunden. Der Zeuge erklärte, sich auch weiter nicht an Kutten erinnern zu können: “Wissen Sie was das für ein worst-case-Szenario war?”
Dr. Volker Berthold, Verteidiger des Angeklagten Nils H. ,befasste sich bei seiner Nachfrage erneut mit den installierten Überwachungskameras. Laut Aussage des Zeugen S seien zwei auf den Gastraum, eine auf den Kassenbereich und eine auf die Küche gerichtet gewesen, die offen zu erkennen waren und auf die an der Eingangstür hingewiesen werde. “Aber zu dem Zeitpunkt war den Mitarbeitern bekannt, dass die Kameras aus waren. Wir hatten den Telefonanbieter gewechselt, es gab Probleme mit Vodafone!”

 

Verteidiger beantragt Aufhebung des Haftbefehls gegen Nils H.

Nach Abschluss der Vernehmung und der Entlassung des Zeugen, bat Dr. Berthold schließlich um das Wort, um einen Antrag auf Aufhebung des bereits außer Vollzug gesetzten Haftbefehls gegen seinen Mandanten zu begründen. Sei dieser seiner Zeit mit einem dringenden Tatverdacht des schweren Raubes und bestehender Fluchtgefahr begründet worden, lasse sich der dringende Tatverdacht nach den ersten Zeugenaussagen nicht länger aufrechterhalten. Der Geschädigte C. sei schon nicht sicher gewesen, ob er überhaupt eine Kutte angehabt oder im Auto liegen gelassen habe und konnte keine konkreten Angaben machen, ob diese überhaupt entwendet worden sei. Diese Aussage sei völlig unergiebig gewesen. Dem schwerverletzten B. sei die Kutte nicht abhandengekommen, er habe von den mutmaßlichen Tätern lediglich den Satz “Falscher Ort! falsche Stadt! Kutten her” vernommen. Auch dessen Aussage möge einen Tatverdacht gegen den Mandaten nicht zu begründen. Der Geschädigte W. habe die Täter nicht identifizieren können und erklärt, seine Kutte sei wohl “im Eifer des Gefechts abhandengekommen”. Wie, habe er nicht bekunden können. Auch dies sei nicht geeignet, einen Tatverdacht im Hinblick auf eine Wegnahme zu konstruieren. Alle übrigen möglichen Augenzeugen hätten von §55 Gebrauch gemacht. Zwar konnten die Kutten nicht aufgefunden werden, eine Zueignungsabsicht könne jedoch von vornherein nicht bestanden haben. Bereits die Landgerichte Osnabrück und Verden hätten in entsprechenden Fällen geurteilt, dass es unvorstellbar sei, Kutten mit einem solch hohen ideellen Wert für sich behalten zu wollen, sondern diese unverzüglich zu entsorgen. Da sie für den Täter eines rivalisierenden Motorradclubs keinen materiellen Wert haben, die Abnahme lediglich der Demütigung diene, komme schon eine Zueignung nicht in Betracht, so dass eine Strafbarkeit nach §250 StGB und damit eine hohe Straferwartung ausscheide, mit der die Fluchtgefahr begründet worden sei.

In einem Gerichtsbeschluss hatte die Strafkammer zu Beginn des Verhandlungstages bereits die Meldeauflagen des mit Eröffnung des Hauptsacheverfahrens außer Vollzug gesetzten Haftbefehls gegen den angeklagten Nils H. für die Dauer der Hauptverhandlung sowie das Kontaktverbot mit dem nicht-inhaftierten Angeklagten Ralf D. bis zum Ende der Hauptverhandlung aufgehoben. Damit hatte das Gericht dem Antrag des Verteidigers vom ersten Verhandlungstag entsprochen.

Der Prozess wird fortgesetzt.

 

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