Strafverteidigung
Strafverteidigung ist Kampf, so äußerte sich Dahs schon seit vielen Auflagen in seinem Buch über Strafverteidigung. Doch wie weit geht der Kampf? Ist Kampf um jeden Preis, ja bis zu einer Konfliktverteidigung hin, richtig? Wie ist dieser Satz Strafverteidigung ist Kampf zu verstehen.
Kampf gegen das Gericht? Kampf gegen die Staatsanwaltschaft? Kampf gegen das Recht? Kampf gegen die eigene Überzeugung? Vielleicht sogar Kampf gegen den eigenen Mandanten? Vielleicht ist der Spruch ein bischen vom allen. Wie viel Überzeugungskraft muss aufgebracht werden, um das Gericht von seinem falschen Standpunkt zu überzeugen? Kann ich als Straverteidiger Einfluss auf den Entscheidungsprozess der Staatsanwaltschaft nehmen? Muss mein Mandant für eine sinnvolle Einstellung, vielleicht gem. § 153 a StPO überzeugt werden?
Aus meiner Sicht ist Strafverteidigung der Kampf, der notwendig ist, die Unschuldsvermutung meines Mandanten bis zum Verfahrensabschluss aufrecht zu erhalten und andere Prozessbeteiligte von voreiligen „Vorverurteilungen“ abzuwenden. Entsprechende Spielchen kann man immer wieder dann beobachten, wenn es um die Frage der Aufhebung oder der Ausservollzugssetzung des Haftbefehls geht. Ich habe bisher kaum einen Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin gesehen, welche unvoreingenommen die Unschuldsvermutung ernst genommen hat. Mein Eindruck ist vielmehr der, dass mit aller Kraft seitens der Staatsanwaltschaft versucht wird, einen Besitzstand (Haftbefehl, sicher geglaubte Verurteilung etc.) aufrecht zu erhalten. Anders kann man sich eine Vielzahl von Verhalten von Sitzungsvertretern nicht erklären, die scheinbar für ihre Argumentation ganze Teile der Beweisaufnahme einfach im Rahmen der Erwiderung „unter den Tisch fallen lassen“. Leider scheint dies auch für viele Urteile zu gelten. Oft hat man den Eindruck, wenn man dann die schriftlichen Urteil liest, das ganze Teile der Hauptverhandlung keinen Einzug in die Urteilsgründe gefunden haben.
Gerade jüngst habe ich in einer Berufungshauptverhandlung dieses Verhalten mitbekommen. Es ging um einen Verstoß gegen das Waffengesetz. Der Verstoß lag bereits lange Zeit zurück. Dass mein Mandant eine scharfe Schusswaffe geführt hatte, war klar. Es ging einzig um die Frage, ob er diese Waffe an Ort und Stelle der Übernahme der Waffe hätte sofort entladen und sichern müssen. Beide Polizeibeamten sagten aus, dass eine Entsicherung der Waffe direkt vor Ort nicht möglich war. Allerdings hat der eine Beamte dies eingeschränkt und war der Ansicht, mein Mandant hätte nur zur Seite auf eine Sandfläche treten müssen und dort die Waffe entladen können. Der andere Beamte, der u. a. auch Waffenausbilder bei der Polizei ist, hat wörtlich gesagt: „Wir haben die Tasche mit der Waffe genommen. In der Tasche geschieht nichts mit der Waffe. Wir haben die erst auf der Polizeistelle gesichert und entladen. Es sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, dass eine scharfe Schusswaffe nicht vor Ort in einer Menschenmenge entladen und entsichert werden sollte, selbst wenn dort im Seitenbereich Sandflächen vorhanden wären. Es kann immer sein, dass sich bei einer Entladetätigkeit ein Schuss löst.“ In der Argumentation des Staatsanwalts wurde dann meinem Mandanten der Vorwurf gemacht, dass er die Waffe nicht sofort entladen und gesichert hatte. Auf die Ausführungen des Waffenausbilders ist der Staatsanwalt mit keinem Wort eingegangen.
Strafverteidigung ist Kampf um die Unschuldsvermutung des Mandanten!