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Blut auf Hose eines angeklagten “Bandidos” – Zeugin sah Leben aus dem Opfer weichen

 

Dieser Artikel wurde von kiel211.de geschrieben und ist dort entsprechend veröffentlicht. Der Abdruck erfolgt hier mit entsprechender Genehmigung.

 

Mit der zum Teil eindrucksvollen Schilderung des Nachtatgeschehens durch eine ehemalige Servicekraft, sowie weiterer Zeugenaussagen ist am Dienstag der die Beweisaufnahme im Prozess um die Messerstiche auf zwei Mitglieder des “Red Devils MC North End” aus Alveslohe und den anschließenden mutmaßlichen “Kuttenraub” im Schnellrestaurant „Subway“ am Großflecken der Stadt Neumünster fortgesetzt worden. Drei Mitglieder des mittlerweile verbotenen “Bandidos MC Probationary Chapters Neumünster” und der Präsident des Unterstützerclubs “Contras Neumünster” stehen wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und schweren Raubes vor Gericht. Sie sollen zusammen mit weiteren, gesondert verfolgten Personen an dem Überfall am Abend des 13. Januar 2010 beteiligt gewesen sein.

[Eine Übersicht aller bisher dokumentierten Verhandlungstage unter http://Kiel211.de/Bandidos ]

 

Ehemalige “Subway”-Küchenkraft schildert ihre Wahrnehmungen vom Tatgeschehen

Als letzte der zum Tatzeitpunkt im “Subway” anwesenden Angestellten nahm die 19-jährige damalige Küchenkraft N auf dem Zeugenstuhl Platz. Die für ihre Aussage aus Österreich angereiste Auszubildende zur Hotelfachfrau erklärte, am 13. Januar 2010 Küchendienst gehabt zu haben. Sie sei gerade im Ladenlokal gewesen, als “schwarze Gestalten” durch die Eingangstür der Filiale gekommen seien, was sie veranlasste, in die Küche zurückzuweichen. Zuvor habe sie zusammen mit ihrer Kollegin B am Tresen Gäste bedient. Die letzten Kunden vor dem Zwischenfall seien die drei ”Red Devils”-Mitglieder gewesen. Nach ihrer Bestellung hatten diese an der Fensterfront Platz genommen, gegessen und seien im Begriff gewesen, den Müll weg zu bringen und zu gehen, als der Überfall geschah. ”Ich wollte in die Küche gehen und habe mich nochmal umgeschaut, weil ich Krach hörte. Dann habe ich die schwarzen Gestalten gesehen.” Es seien “ca. sechs Personen, vielleicht auch mehr oder weniger” gewesen. “Meine Kollegin B hat mir das Telefon in die Hand gedrückt und gesagt, ich soll die Polizei rufen. Ich habe denen dann auch gesagt, dass ein Krankenwagen benötigt wird, weil einer der drei Männer verletzt reinkam und einer verletzt am Boden lag.” Die Nachfrage, was der am Boden liegende und der in die Küche kommende Mann an Kleidung trugen, konnte die Zeugin aber nicht beantworten.

Die 19-jährige Auszubildende schilderte, sie sei kurze Zeit später mit der B und der damaligen Freundin des Geschäftsführers der Bar, der Zeugin C im Personalraum der Bar zusammengetroffen. “Wir haben uns darüber unterhalten, was passiert ist und das wir das denken, dass das die “Bandidos” waren, weil die ja verfeindet sind!” Schließlich hätten die schwarzen Gestalten von “Kutten” gesprochen, “Kutten her!” habe sie gehört, erklärte die Zeugin.
Zu den in Augenschein genommenen Kassenbelegen Nr. 83, 84 und 85 von 19.29:08 Uhr, 19.29:40 Uhr und 19.30:02 Uhr konnte N bestätigen, dass sie die Zeit der Bestellung trugen, die die B entgegengenommen und eingegeben habe. Die bestellten Sandwiches seien diejenigen gewesen, die die “Red Devils” gegessen hätten.

Der Verteidiger des Angeklagten Ralf D., Philipp Marquort, bemerkte dazu, dass einer der Bons einen Mehrwertsteuersatz von 7% statt 19% ausweise, also eine Außer-Haus-Bestellung gewesen sein müßte. Es stelle sich also die Frage, ob diese Bestellung überhaupt von einem der drei “Red Devils” stamme, oder von einem anderen Kunden. Ansonsten sei dies entweder ein Fall von Umsatzsteuerbetrug oder der falsche Bon. Die Zeugin entgegnete, dass alle drei Rocker etwas gegessen hätten und kein Gast mehr, keine weitere Bestellung da gewesen sei, nachdem die “Red Devils” bestellt hätten.
Der Beisitzer der drei Berufsrichter der Kammer wollte von der Zeugin wissen, ob die Anwesenheit der drei “Red Devils” beunruhigt habe. Die N erklärte: “Ja, eigentlich schon, ein bisschen komisch. Sind eigentlich eher “Bandidos” Kunden.” Ihre Kollegin B sei auch ein bisschen beunruhigt und unsicher gewesen: “Oben waren ja drei “Bandidos!”, fügte die Zeugin mit Blick auf die über dem “Subway” gelegene Bar hinzu. Sie betonte auf weitere Nachfrage, dass sie nicht mitbekommen habe, dass B zwischenzeitlich telefoniert habe. Gesichter der Angreifer habe sie nicht gesehen, auch nicht, ob diese etwas in den Händen gehabt hätten.
Gegenüber der Kammervorsitzenden bestätigte die Zeugin einen Vorhalt aus einer polizeilichen Vernehmung, nach der die B auf das Eintreten der “Red Devils” “normal reagiert”, aber gesagt habe, dass es “nicht so gut sei, dass die in den Laden kommen”. Auf weitere Nachfrage erklärte die N, nachdem sie selbst in die Küche geflohen sei, sei ihr die B nur 20 bis 30 Sekunden später gefolgt. “Ich hatte Sachen in der Hand, die habe ich weggestellt, dann kam sie auch schon!”
Auch der die Anklage vertretende Oberstaatsanwalt Ostrowski richtete einige Nachfragen an die Zeugin.

Oberstaatsanwalt: “Woher wußten sie, dass es sich bei den Kunden um “Red Devils” gehandelt hat?”
Zeugin: “Die hatten Kutten an!”
Oberstaatsanwalt: “Alle drei?”
Zeugin: “Weiß nicht genau, ob alle drei, aber zwei Kutten habe ich gesehen!”
Oberstaatsanwalt: “Sind sie nach dem Notruf wieder in den Laden?”
Zeugin: “Ja!”
Oberstaatsanwalt: “Sind sie dort geblieben?”
Zeugin: “Ja, wir haben die Türen mit Decken verhängt damit keiner reingucken kann.”
Oberstaatsanwalt: “Haben sie gesehen, dass jemand den dreien die Kutten abgenommen hat?”
Zeugin: “Nein!”
Oberstaatsanwalt: “Hatte die B ein Verhältnis mit einem “Bandido”?”
Zeugin: “Nein, das weiß ich nicht. B wurde gekündigt wegen dem Vorfall. Es gab Gerüchte, dass sie was mit jemandem von den “Bandidos” zu tun hat, befreundet ist.”
Oberstaatsanwalt: “Kamen die “Bandidos” häufiger?”
Zeugin: “Ja, ich habe aber nicht häufig da gearbeitet!”
Oberstaatsanwalt: “Hat es eine Anweisung bezüglich der Rocker von ihren Chefs gegeben?”
Zeugin: “Dass beide Gruppen nicht mehr bedient werden dürfen.”
Der Verteidiger des Angeklagten Peter B., Christian Bangert, wollte von der Zeugin wissen, ob und wenn ja worüber sich die “Red Devils” unterhalten haben. N bestätigte, dass sich die drei unterhalten hätten, habe aber nicht gehört was. Die drei Männer seien “eigentlich ganz locker” gewesen.
Der Anwalt von Thomas K., Mario Taebel, bat die Auszubildende schließlich darum, sich noch einmal zu erinnern, wo sie und die B. sich genau befunden hätten, als sie die schwarzen Gestalten bemerkte. Die Zeugin erklärte dazu, sich kurz vor der Küchentür befunden zu haben, während die B hinter dem Tresen stand.
Verteidiger Philipp Marquort hielt der Zeugin zunächst Teile ihrer polizeilichen Vernehmung vor, in der sie von mehr als vier Männern gesprochen hatte, die sich dazu veranlasst hatten aus Angst in die Küche zu fliehen. Darin hatte sie ebenfalls ausgesagt, sie habe eine Stimme eines der drei Kunden sagen hören “Ruft ihn an!”. “Ja, ich erinnere mich!”, bestätigte die N den Ausruf, erklärte aber einschränkend “Aber ich weiß nicht mehr, ob das einer der “Red Devils” war!” Auch die Nennung von Namen habe sie nicht vernommen. Auf die Frage, ob sie ausschließen könne, dass die “Kutten” nicht mehr vorhanden waren, erwiderte die Zeugin, dies sei ihr nur erzählt worden, davon habe sie erst später erfahren.
Dr. Volker Berthold hakte zum Abschluss noch einmal bei dem Verhängen der Türen ein und wollte wissen, wann dies geschehen sei. Die Zeugin erklärte, dies sei gemacht worden kurz bevor die Polizei eingetroffen sei. Man habe mangels Decken aber nur den Türbereich abgehängen können. Sie war sich zudem sicher, dass zu dem Zeitpunkt keiner außer den Angestellten und den Betroffenen im Raum gewesen sei.

 

Servicekraft schildert Eindruck hinterlassendes Geschehen unmittelbar nach der Tat

Mit der 31-jährigen Vertriebsassistentin G nahm schließlich die zum Tatzeitpunkt in der über dem “Subway” gelegenen Bar als Servicekraft arbeitende Zeugin des unmittelbaren Nachtatgeschehens auf dem Zeugenstuhl Platz, die geistesgegenwärtig die Soforthilfemaßnahmen am lebensgefährlich verletzten Tatopfer übernahm. Noch immer beeindruckt von dem blutigen Szenario schilderte die Zeugin zum Teil unter Tränen, was sich in der “Subway”-Filiale abgespielt hatte.

Sie sei bei der Arbeit und gerade auf dem Weg zum Bartresen gewesen, als sie von unten aus dem “Subway” ein “Rumsen” vernommen und eine Männerstimme “Es geht los!” habe rufen hören. Über die Treppe ins Erdgeschoss habe sie sodann sehen können, wie ein Mann zusammenbrochen sei, daraufhin einen Verbandskasten aus der Küche geholt und nach unten gelaufen, um Erste Hilfe zu leisten. Im Erdgeschoß habe sie drei Männer angetroffen, von dem einer unverletzt geblieben sei. Einer habe blutüberströmt auf dem Boden gelegen, bei dem sie eine Stichwunde am Oberschenkel versorgt habe, der andere habe ein oder zwei Verletzungen am Oberarm davongetragen. “Die Mädchen standen geschockt in der Ecke.”, beschrieb die Zeugin ihren Eindruck von den “Subway”-Angestellten.

Die Zeugin erklärte, zuerst den Arm des leichter Verletzten verbunden zu haben, als sie die Treppe herunter gegangen sei. Dieser habe an der Kaffeemaschine gestanden. Dem unverletzten Mann, der neben dem am Boden liegenden kniete habe sie zunächst ein Verbandspäckchen zugeworfen, um es auf die Wunde zu pressen. Während sie danach dem schwerverletzten Mann zu Hilfe gekommen sei, habe der Dritte ein Telefonat geführt: “Sie haben uns erwischt! Meine Kumpel!”, habe dieser in sein Handy gesprochen. “Ich habe ihm gesagt, er soll aufhören, sein Kumpel stirbt! Ich habe noch nie so viel Blut gesehen!”, erklärte die Zeugin unter Tränen, “Ich fand es unmöglich, dass Menschen so was tun! Ich habe dem Verletzten gesagt, dass er gefälligst nicht vor meinen Augen sterben soll! Hat er Gott sei Dank auch nicht getan!”

“Das Blut floss raus, wie bei einem aufgeschlitzten Schwein! Ich habe das Bein abgebunden, aber mich gewundert, dass es trotzdem noch weiter geblutet hat. Der Mann wollte zuerst noch aufstehen! Der Unverletzte hatte weiter mit einer Hand telefoniert, während er mit der anderen auf die Wunde drückte. Es floss nachher nicht mehr so viel raus, weil nichts mehr da war! Er wurde oben so weiß, wie es unten rausfloß! Ich sah das Leben aus ihm rausgehen!” Was der am Boden liegende Mann an Kleidung trug, vermochte die Zeugin auf Nachfrage nicht zu sagen: “Das war für mich unrelevant, ich habe das nicht wahrgenommen!” Der am Oberarm verletzte haben ein ganz normales Oberteil getragen, zu möglichen “Kutten” konnte sie nichts sagen.

Die “Subway”-Angestellten seien schließlich angewiesen worden, die Fensterfront mit Decken abzuhängen. Als der Krankenwagen eintraf, habe sie ihre Arbeit als erledigt angesehen und sei schließlich wieder nach oben gegangen, habe eine Probearbeitskraft der Bar instruiert, dass sie weiterarbeiten und keinen rauslassen solle und sich wieder um die Gäste der Bar gekümmert, denen sie erklärt habe, dass es einen kleinen Vorfall mit einer kleinen Verletzung im Erdgeschoß gegeben habe. Später habe man die Gäste dann aus dem Hintereingang aus der Bar geschleust, nur drei oben in der Bar sitzenden “Bandidos” seien vorher rausgebracht worden. Es habe sich um “ganz normale Gäste” gehandelt, die sich unauffällig verhalten hätten und nicht den Eindruck vermittelten, dass sie mit dem Geschehen im Erdgeschoß im Zusammenhang stehen würden.

Auf Nachfrage der Kammervorsitzenden bestätigte die G, dass Polizeibeamte den Tatort frühzeitig zur Reinigung frei gegeben hatten. “Die Polizei hat gesagt, wir sollten alles sauber machen!” Spöttisch bezeichnete sie das als “sehr clever”. An der Säuberungsaktion habe sie sich aber nicht beteiligt: “Das Blut wegmachen konnte ich nicht!”
Oberstaatsanwalt Alexander Ostrowski fragte die 31-jährige Zeugin zunächst, ob der am Arm verletzte Mann eine Lederjacke getragen habe. Die Befragte verneinte: “Nein, ne langärmelige Jacke hatte er nicht an!” Auch ob sich nach dem Vorfall noch andere Fremde in dem Laden aufgehalten hatten, bestätigte sie nicht: “Nur die Sanitäter!”

Zum Zustand des Schwerverletzten befragt, schilderte die G, dass dieser zunächst noch ansprechbar gewesen sei: “Er war noch da, wollte aufstehen, aber dann sind ihm langsam die Augen umgeklappt, hat dann nichts mehr gesagt!” Sie habe sehr wohl befürchtet, dass er sterben könnte: ” Das habe ich ihm auch gesagt, dass er nicht sterben soll! Es hat wochenlang gedauert, dass ich das vergessen konnte!” erklärte die Zeugin weinend.

Ob der telefonierende Mann aufgeregt gewesen sei oder geschrien habe, konnte die Zeugin nicht genau sagen. Er sei “nicht ruhig gewesen von der Stimme”. Zum Inhalt des Telefonats erklärte die G: “Wenn er zu der Gruppierung gehörte, hat er das Gespräch sicher mit dieser Gruppierung geführt! Er hat sie dann angehalten, zu kommen, damit sie sie noch erwischen!” Den Wortlaut gab die Frau als “Sie haben uns erwischt, er ist verletzt! Seht zu, damit ihr sie noch erwischt!” an.
Beeindruckt von der Qualität und Ausführlichkeit der Aussage der Zeugin stellte Mario Taebel für die Verteidigung nur eine kurze Verständnisfrage und zollte ihr ausdrücklich Anerkennung für ihre Hilfsmaßnahmen: “Ich hätte wohl wie die Mädchen hilflos in einer Ecke gesessen – vollsten Respekt!”

 

Vorsitzender des “Red Devils MC Neumünster” befragt

Das Gegenteil in Sachen Aussagequalität erfuhren die Verfahrensbeteiligten kurz darauf von dem Vorsitzenden des “Red Devils MC Neumünster”, der ebenfalls auf der Zeugenliste dieses Verhandlungstages stand. Auch der 46-jährige Selbständige Roland S. blieb szene-typisch wort- und inhaltskarg. Das es bei dem Vorfall im “Subway”Verletzte gegeben hatte, sei ihm erst im Nachhinein bekannt geworden, von wem er dies erfuhr, vermochte er aber nicht sagen: “Alle Welt hat davon erzählt!” Auch wer betroffen gewesen sei, habe er nicht gewußt, auf Vorhalt der Vorsitzenden bestätigte er schließlich, dass ihm die beiden Verletzten bekannt seien, der unverletzt gebliebene eher weniger. Es gebe Kontakt zwischen den Clubs aus Neumünster und Alveslohe, dass die drei Männer den an dem Abend stattfindenden Clubabend besuchen wollten, habe er aber nicht gewußt. Der Clubabend sei einer von vielen gewesen, werde nicht regelmäßig an bestimmten Tagen, sondern kurzfristig einberufen, so dass eine Ankündigung, dass man erscheine, nicht nötig, Gäste stets willkommen seien.

Zu den Vorkommnissen am 9. Januar 2010, bei dem im “Subway” und der darüber befindlichen Bar durch eine Gruppe von “Red Devils”-Mitgliedern Aufkleber angebracht worden seien, machte der Zeuge keine Angaben: “Kann ich nichts zu sagen. Kann und möchte das nicht beantworten!”
Der Anklagevertreter interessierte sich zunächst dafür, ob es im Nachhinhein Kontakt zu den Betroffenen gegeben habe. Der Zeuge bestätigte, dass ihm der Schwerverletzte erzählt habe, wie lange er im Krankenhaus gewesen sei. Die übrigen Nachfragen drehten sich schließlich um die “Kutten”-Thematik:

Oberstaatsanwalt: “Gibt es bei ihnen eine Bestandsliste der “Kutten”?”
Zeuge: “Ich weiß, dass ich eine habe, das reicht mir!”
Oberstaatsanwalt: “Und wenn mal eine verlustig geht?”
Zeuge: “Dann bekommt er eine neue vom Vorstand.”
Oberstaatsanwalt: “Wer ist der Vorstand in Alveslohe?”
Zeuge: “Jürgen! Nachname weiß ich nicht.”
Oberstaatsanwalt: “Haben Sie mit dem gesprochen, ob er eine seiner “Kutten” vermisst?
Zeuge: “Nein!”
Oberstaatsanwalt: “Wo bekommen sie die Kutten her? Was hat sie für einen Wert?”
Zeuge: “Wir haben sie gestellt bekommen! Von einem Sponsor! Die “Kutte” hat einen Wert, muss auch bezahlt werden, wenn man eintritt. Wieviel kann der Kassenwart beantworten!”
Oberstaatsanwalt: “Hat es Gespräche mit dem Vereinsvorsitzenden aus Alveslohe gegeben, wie man die Sache abwickelt?”
Zeuge: “Nein!”
Oberstaatsanwalt: “Gibt es einen Ehrenkodex?”
Zeuge: “Nein!”
Oberstaatsanwalt: “Ein ungeschriebenes Gesetz?”
Zeuge: “Nein!”
Oberstaatsanwalt: “Angenommen, Sie würden fremde “Kutten” finden, was würden sie machen?”
Zeuge: “Gebe ich ab!”
Auch Rechtsanwalt Christian Bangert, der den Angeklagten Peter B. vertritt, stieß bei seinen Nachfragen auf ähnlichen Unwillen des Zeugen.

Bangert: “Kennen Sie das “Subway”? ”
Zeuge: “Nur von draußen!”
Bangert: “Waren Sie noch nie drinnen?”
Zeuge: “Nein, ich mag keine Sandwiches!”
Bangert: “Hat es möglicherweise einen anderen Grund?”
Zeuge: “Nein, gefällt mir nicht!”
Bangert: “Gabs dort einen anderen Motorradclub?”
Zeuge: “Nein!”
Bangert: “Gab es wirklich keinen anderen Motorradclub?”
Zeuge: “Nein!”
Bangert: “Haben Sie am 13. Januar von einem der drei “Red Devils” einen Anruf erhalten?”
Zeuge: “Nein!”

Eine abschließende Frage richtete schließlich die Kammervorsitzende an den Zeugen, bevor sie ihn aus seiner Zeugenpflicht entließ: “Was haben Sie selbst für ihre “Kutte” bezahlt?” Der Zeuge erwiderte, das wisse er nicht mehr genau: “Ein paar Hundert Euro waren es schon!”

 

Zeugin eröffnet mit ihrer Aussage möglichen neuen Hinweis

Als letzte Zeugin des Verhandlungstages geladen, warf eine 23-jährige Einzelhandelskauffrau mit ihren Aussagen neue Fragen auf, die weiterverfolgt werden sollen.

Nach ihrem Dienst in einem nahegelegenen Bachshop sei sie gegen 19.45 Uhr vor dem “Subway”-Gebäude mit ihrem Fahrrad vorbei gefahren, begann die Zeugin. “Da lag jemand blutend am Boden, Maik K. stand telefonierend vorne an der Tür, deshalb bin ich angehalten. Ich habe gefragt, ob ich Polizei und einen Krankenwagen rufen soll, aber er sagte das ist schon gemacht! Dann hört man sie auch schon kommen.” Die junge Frau schilderte weiter, sie habe noch jemanden “von früher, aus einer ABM-Maßnahme” gesehen, der ihr an der neben dem Gebäude liegenden Einfahrt zum Park entgegen gekommen sei. Dieser habe sich vorher mit dem Koch der über dem “Subway” befindlichen Bar unterhalten.

Auf Nachfrage bestätigte die Zeugin, dass der im “Subway” am Boden liegende Mann eine “Kutte” der “Red Devils” trug. Dies habe sie an den rot-weißen Farben erkannt, “Hells Angels” seien es definitiv nicht gewesen. “Einer stand da noch, ich erinnere mich aber nicht, ob der eine “Kutte” anhatte!” Ob sich darüber hinaus weitere Personen im Laden befanden, wußte sie aber nicht mehr.
Die Verteidiger Mario Taebel und Dr. Volker Berthold versuchten sich an einer zeitlichen Eingrenzung der Wahrnehmungen der Zeugin. Taebel fragte daher nach, ob sich schon um den am Boden liegenden Mann gekümmert worden sei. Die junge Frau verneinte und fügte hinzu, sie habe sich dort höchstens eine halbe bis eine Minute aufgehalten und sei dann weiter gefahren. Dr. Berthold hakte ein, ob die Eingangstüren abgehängt gewesen seien. Auch dies verneinte die Zeugin. Auf Vorhalt des Anwalts bestätigte die Zeugin, dass der von ihr erkannte “Bandido” Maik K. im “Subway” rechts an einem Stehtisch gestanden habe.

Dr. Berthold gab nach Entlassung der Zeugin eine Stellungnahme zu ihrer Aussage ab. Sie habe mitgeteilt, dass sie eine Person aus einer früheren ABM-Maßnahme erkannt habe und sie diesen “definitiv” wiedererkennen würde. Gleichwohl habe es das Landeskriminalamt unterlassen, ihr entsprechende Lichtbilder vorzulegen. Dieser sei ein Augenzeuge, den das LKA zu ermitteln nicht für nötig erachtet habe. Dann habe die Zeugin berichtet, dass sie Maik K. unmittelbar nach der Tat telefonierend angetroffen habe. Es sei aber ausgeschlossen, dass er dann in der Bar gewesen sei. Dies lasse auf Ermittlungsdefizite des LKA schließen. Der von der Zeugin benannte Koch sei nicht vernommen worden, um herauszufinden, mit wem sich dieser unterhalten habe. Es sei nicht dokumentiert, wer dieser Zeuge ist. “Ich rege daher an dessen Personalien festzustellen und diesen zu ermitteln!” Oberstaatsanwalt Ostrowski schloß sich dem an, er halte dies für eine sachgerechte Anregung.

 

Verlesung von Spurensicherungsberichten – Blut auf Cargo-Hose von Peter B.

Im Anschluss verlas die Kammervorsitzende mehrere Spurensicherungsberichte, mit der die ermittelnden Beamten des Landeskriminalamtes die Sicherstellung der Bekleidung des Angeklagten Peter B. dokumentiert hatten. Im Polizeigewahrsam hatte dieser seine Oberbekleidung, eine grüne Cargo-Hose und seine Socken zur Untersuchung auf DNA-Spuren abgeben müssen. Die als Asservat A.3.#1 verzeichnete Hose hatte dabei an drei Stellen am Schienbein, an der Wade und in der Nähe des Knies Blutanhaftungen aufgewiesen. Sie wurde am Richtertisch von den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen. Die Verteidiger monierten dabei, dass die drei Ausschnitte aus der Hose nicht bei dem Asservat dabei gewesen seien. Christian Bangert, Anwalt von Peter B., erklärte: “Ich habe nur ne Hose, die zerschnippelt ist! Gibt es Fotos davon? Ist der Verbleib dokumentiert?”

Die Kammervorsitzende bestimmte daraufhin, dass die noch zu hörende Sachverständige dazu befragt werden solle. Sie ordnete zudem das Selbstleseverfahren hinsichtlich des DNA-Gutachtens an. Die Verteidigung beanstandete die Anordnung, das Gutachten müsse dem Unmittelbarkeits- und Mündlichkeitsgrundsatz entsprechend durch Verlesung eingeführt werden. Per Kammerbeschluß wurde die Anordnung der Vorsitzenden dennoch bestätigt. Das Selbstleseverfahren sei zulässig, da es sich bei dem Gutachten um ein komplexes Schriftstück handele, dessen Verlesung aufgrund der die genetischen Merkmale verschlüsselnden Zahlendaten “so nicht aussagekräftig” sei.

Zum Ende des Verhandlungstages rügte Verteidiger Philipp Marquort erneut die unvollständige Aktenführung. Erneut seien nur Telefax-Ablichtungen in der Verfahrensakte: “Wo ist das Original, wo ist Seite 1? Das macht mir körperliche Schmerzen, wenn ich sowas sehe!” Dies stelle eine weitere Behinderung der Verteidigung dar.

Der Prozess wird fortgesetzt.

 

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