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Trotz Fingerabdruck – Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt

Als Strafverteidiger erlebt man es oft. Einwendungen welche im Zwischenverfahren nach der Anklageerhebung durch die Verteidigung erhoben werden, warum das Hauptverfahren nicht eröffnet werden soll, werden oftmals vom Gericht scheinbar nicht berücksichtigt. Ohne eine Begründung wird in den meisten Fällen (ich schätze ca. 95 %) das Hauptverfahren kommentarlos eröffnet. Das Gericht geht in diesen Fällen ohne ein Wort auf den Schriftsatz des Verteidigers einzugehen scheinbar hinüber und eröffnet das Hauptverfahren. Gleichwohl mache ich mir in vielen Fällen, in denen es sich aus meiner Sicht anbietet, die Mühe meine Erwägungen vorzutragen, warum das Hauptverfahren nicht eröffnet werden soll.

Heute war diese Mühe einmal von Erfolg gekrönt. Es erreichte mich der Beschluss des Amtsgerichts Kiels.

Eröffnung abgelehnt

 

 

 

Die Staatsanwaltschaft Kiel ermittelte wegen mehrere Diebstähle in Altenheimen. Auf Grund eines Datenabgleichs mit Dienstplänen gelangte mein Mandant, der als Pfleger in den Altenheimen arbeitete, in den näheren Kreis der Verdächtigen. Man lud ihn zu einer Beschuldigtenvernehmung ein. Da er sich als unschuldig sah, tat er dass, was man als Unschuldiger häufig macht, er ging zur Polizei. Es könne ja nichts passieren, so mein Mandant in der ersten Besprechung zu mir, er sei ja unschuldig. Dies ist immer ein Fehler. Auch wenn man unschuldig ist, sollte man sich immer professionellen Rat holen und der Vorladung der Polizei keinesfalls Folge leisten.

Mein Mandant gab an, er kenne die eine Dame. Er wäre auch schon mal bei ihr im Zimmer gewesen, ein oder zweimal. Er hätte dort zu tun gehabt. Die Beamten überredeten meinen Mandanten im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung, seine DNA und Fingerabdrücke abzugeben. „Damit wird er ja sicherlich als Täter ausgeschlossen werden“, so die Beamten. Was mein Mandant nicht bedachte war, dass er so den Tatverdacht gegen sich erhärten konnte.

Sodann wurde ihm im Nachhinein das Vorgehen der Polizei doch ein wenig mulmig, da er ein paar Tage später die fristlose Kündigung von seinem Arbeitgeber erhielt. Vielleicht war ja mehr dran am Vorwurf, als bisher gedacht.

Im Rahmen der vorgenommenen Akteneinsicht fiel auf, dass ein Fingerabdruck auf einer der Geldkassetten gefunden wurde. Dieser passte nun auch just zu meinem Mandanten.

Aber, obwohl ein Fingerabdruck meines Mandanten auf der Geldkassette gefunden wurde, hat das Amtsgericht aus tatsächlichen Überlegungen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

Es hat dazu ausgeführt:

„Die Eröffnung des Hauptverfahrens war aus tatsächlichen Gründen abzulehnen. Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Kiel vom 09.03.2015 zur Last gelegt, in der Zeit vom ……. bis zum ……. in Kiel in der …………. eine verschlossene Geldkassette aus einer Schublade der Geschädigten in ihrem Appartement aufgebrochen und ihr 300,– € entnommen zu haben, um das Geld für sich zu verwenden.

Dieser Sachverhalt wird sich dem Angeschuldigten anhand der ermittelten Beweismittel nicht nachweisen lassen. Das einzige Beweismittel ist ein Fingerabdruck des Angeschuldigten, der sich auf der Geldkassette befindet. Weitere belastende Beweismittel gibt es nicht. Bei dieser Sachlage besteht keine überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit. Es wird sich nicht ausschließen lassen, dass der Fingerabdruck bei anderer Gelegenheit auf die Geldkassette gelangt ist, ohne dass dies zeitlich in irgendeinem Zusammenhang zu der Wegnahme des Geldes stand. Aus der Aussage der Geschädigten ergibt sich zwanglos, dass es eine Mehrzahl von Schlüsselträgern gab. Von daher kommen auch mehrere Personen als Täter in Betracht. Es ist nicht fernab jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass der Angeschuldigte, der die Geschädigte mehrmals versorgt hat, die Geldkassette im Rahmen seiner Tätigkeit berührt hat, ohne dass ein Zusammenhang zur Tat besteht.“

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